Apocalypse Now
Eine Reise ins Herz der Finsternis wird für den Zuschauer eine Reise in die Tiefen der Psyche.
Ein Merkmal das zeigt, was Francis Ford Coppola mit Apocalypse Now geschaffen hat.
Captain Willard, gespielt von Martin Sheen bekommt einen geheimen Auftrag.
Inmitten des anhaltenden und kotroversen Vietnamkrieges mit den USA soll er den US Offizier Kurtz, gespielt von Marlon Brando liquidieren.
Keine leichte Aufgabe, denn Kurtz hat sich mit einer loyalen Gefolgschaft tief in den Dschungel zurückgezogen.
Mit einem kleinen Team aus lediglich 5 Männern begibt sich Willard dennoch auf die gefährliche Reise in das Herz der Finsternis.
Eine kleine Anmerkung vorweg: dieses Review bezieht sich lediglich auf die Kinofassung und nicht auf die Redux Version.
Der Kinofassung von 1979 fehlen eine nicht unerhebliche Anzahl an Filmminuten (49 Minuten), relevant sind diese für unseren Eindruck und unsere Kritik an Apocalypse Now allerdings nicht.
Schon zu Beginn des Films während einer künstlerischen und sehr menschlichen Darbietung von Leid, Schmerz und inneren Kämpfen, wird uns klar, dass wir es hier mit einem ganz besonderen Film zu tun haben.
Es ist in unseren Augen nicht nur eine lieblose, in Action verpackte Darstellung von Kriegsgeschehnissen.
Es ist ein Manifest der menschlichen Psyche, eine Homage an die Soldaten, die äußerlich vielleicht unverwundet zu sein scheinen.
Aber die innerlich womöglich bis ans Ende ihres Lebens den Kampf gegen den Feind weiterführen.
Mit dem Unterschied, dass der Feind nicht in Uniform eines fremden Landes auftritt, sondern in Gestalt des eigenen Ich.
Was Menschen und Soldaten während eines Krieges vermögen zu tun, tun müssen oder mitanzuschauen gezwungen sind, mag sich kaum einer vorstellen.
Auch wir würden uns nicht trauen, in dieser Hinsicht ein Urteil zu bilden.
Aber Francis Ford Coppola scheute sich nicht, die Bilder, den Wahnsinn und die Dämonen des Ichs auf eindrückliche Art und Weise dem Zuschauer zu präsentieren.
Nicht selten fühlte man sich als Zuschauer, als wäre man nicht im Krieg, sondern inmitten eines äußerst grauenvoll verlaufenden Horror Trips.
Das Spiel mit der Geräuschkulisse eines Dschungels voll mit exotischen unbekannten Tieren und den unheilverkündeten Hubschraubermotoren bietet einen Kontrast, den wir auf ähnliche Art auch visuell zu sehen bekommen.
Beeindruckend war hierbei die natürlichen Farben von nicht endenden Grüns gepaart mit dem grellen Signalrauch der amerikanischen Truppen.
Allein dieses Farbzusammenspiel sieht man so wohl nur auf Drogen.
Zu Gunsten kommt diesem dargestellten Wahnsinn die einzelnen Protagonisten.
Oft sieht man einen verstörend dreinschauenden Martin Sheen, dessen Blick genau das wiederspiegelt, was sich wohl jeder Zuschauer mindestens einmal in diesem Film denkt; Wo bin ich hier gelandet?
Und genau das ist wohl auch die Intention Coppolas.
Die Intention, die jeder haben sollte, der Krieg darstellt, nachbildet und dies einem Unbeteiligten präsentiert.
Apocalypse Now ist nicht zu unrecht als Anti-Kriegsfilm betitelt.
Er zeigt den Wahnsinn, das Grauen und gibt einem das Gefühl Teil von etwas zu sein, was man niemals erleben möchte.
Und wenn wir mal ehrlich sind, wer will schon in einem Horror Trip feststecken, der immer schlimmer zu werden scheint?
Der Höhepunkt des Films, nachdem die fast zeitlos zu sein scheinende Reise bzw. der Trip an sein Ziel kommt, verstärkt unsere Meinung nur noch mehr.
Francis Ford Coppola hatte mit diesem Film etwas geschaffen, dass unbequem ist, das einem üblen Trip gleicht, und es kann nur auf eine Art enden: mit noch mehr Grausamkeit.
Auch die einzelnen Schauspieler und ihr Agieren in Apocalypse Now spiegeln diesen unaufhaltsamen Prozess wieder.
Sie zeigen auf eindrückliche Weise, dass nach dem Krieg, nach dem Kampf und nach der Mission eben nicht alles wieder gut werden wird.
Man begab sich auf die Reise und verlor sich selbst, und am Ende ist man selbst zu dem geworden, was man nie sein wollte, die Manifestation von Finsternis.
Klar sind wir in diesem Review wenig auf die filmerische Techniken und Methoden eingegangen, aber wir hatten doch oft das Gefühl, dass dies nicht ganz die Funktionsweise des Films wiederspiegelt.
Es ist kein Film, der einem ins Bewusstsein ruft, wie toll doch jetzt diese Bilder sind, wie passend der Sound gewählt wurde, und wie gut die Schauspieler und deren Dialoge sind.
Diese Dinge mögen zwar bei Apocalypse Now der Wahrheit entsprechen, jedoch traf dieser Film eher das unterbewusste Innere des Zuschauers.
Man ist beeindruckt von all seinen Facetten und hat das Gefühl, dass die Ebene des Films tiefer liegt als die Reizverarbeitung von Augen und Ohren.
Als kleiner Tipp raten wir allen Interessierten sich auch die Dokumentation Heart of Darkness zum Filmdreh anzuschauen.
Die Doku wurde von der Frau Francis Ford Coppolas gedreht, die während den anstrengenden und chaotischen Arbeiten mit dabei war.
Spätestens nach dem Anschauen von Heart of Darkness wird man Apocalypse Now noch mehr zu schätzen wissen, und die filmerische Güte und Qualität noch eindrücklicher verstehen.
Man sieht, dass das Thema Tortur nicht nur in der Geschichte des Films seinen Platz fand, sondern auch bei den Dreharbeiten, bei den Schauspielern und bei den Mitarbeitern.
Fazit:
Definitiv ist Apocalypse Now ein Film, der voll von Interpretationen ist, die jeder einzelne unterschiedlich wahrnimmt.
So hat man auf nicht unsubtile Art zwar ein Urteil über Krieg gefällt, aber wie man dieses Urteil auslegt, muss jeder Zuschauer mit sich selbst ausmachen.
Francis Ford Coppola hat ein Werk geschaffen, dass so voll mit Details, Wahnsinn und gar Poesie ist, dass es auf eine ganz persönliche Ebene jeden einzelnen unterschiedlich anspricht.
Sowohl in Story, Kamera, Musik und schauspielerische Leistung überzeugte uns Apocalypse Now von vorne bis hinten und erreicht daher für uns 5 von 5 Sternen.
Bild: ©Kinowelt