Watchmen Kritik
Die Watchmen Serie ist bereits seit ersten Erwähnungen in 2017 in aller Munde. Während sich einige über die Umsetzung als Mehrteiler freuen, lehnen die meisten Hardcore-Fans der Comics jegliche Umsetzung und Weitererzählung ab. Diese waren oft auch schon von Zack Snyders Film im Jahre 2009 nicht sonderlich begeistert. Liefert Damon Lindelof mit seiner für HBO geschriebenen Version nun endlich ein Format, mit dem alle zufrieden sein können?
Watchmen Handlung
Die erste Folge startet mit einer Vorgeschichte im Jahre 1921. Die überwiegend dunkelhäutigen Bewohner der Stadt Tulsa in Oklahoma werden Opfer eines Angriffs einer rassistischen Gruppierung. Während Großteile der Einwohner, egal ob Mann, Frau oder Kind, von den Eindringlingen niedergestreckt werden gelingt es dem jungen Will Reeves dem Massaker zu entkommen.

Die Serie setzt hier bereits unverblümt den Ton, den wir auch später an jeder Ecke wiederfinden und den Kenner der Vorlage bereits aus den Comics kennen. Durch Gespräche im Vorder- und Hintergrund, teils seltsame Details, Nachrichtensprecher und weiteres wird uns nicht nur die (alternative) Welt präsentiert in der die Watchmen spielen, sondern auch direkt gezeigt, dass die Macher kein Blatt vor den Mund nehmen. Rassismus und Gewalt sind ein präsentes Thema der damaligen wie auch heutigen Zeit der USA (und lassen Parallelen zum Rest der Welt schließen) und Watchmen nimmt immer wieder geschickt Bezug zwischen seiner Welt und der Welt, in der wir leben.
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Die Watchmen-Welt der heutigen Zeit
Die Serie macht einen Sprung in die heutige Zeit, wobei der Handlungsort größtenteils der gleiche bleibt. Während Robert Redford seit 30 Jahren Präsident ist fällt es den Gesetzeshütern immer schwieriger, ihrer Arbeit nachzugehen. Da ihre Angehörigen oft Opfer von Gewalt werden (man beachte die Parallele zu so vielen Superhelden-Comics, in denen es den Helden so geht) gehen die Gesetzeshüter mittlerweile nur noch vermummt ihrer täglichen Arbeit nach. Dies schafft aber in sich ein ganz anderes Problem: Wer anonym bleiben kann fühlt sich eher auch mal dazu animiert über die Strenge zu schlagen, ohne mit den Folgen leben zu müssen. Die mittlerweile implementierten, verschärften Waffengesetze sollen dabei sicherstellen, dass Polizisten sich zuerst bei den Verantwortlichen eine Genehmigung für Schusswaffengebrauch einholen müssen. Doch wie soll sich ein Polizist in solch einem Umfeld in einer spontan eskalierenden Situation zur Wehr setzen?

Wie zu erwarten führen genau diese Entwicklungen zu ihren aufgezeigten Problemen in der Welt von Watchmen. Schon bald wird ein Cop bei der Routineuntersuchung eines Fahrzeugs von einem in Rohrschach-Maske vermummten Anhänger der terroristischen Gruppe „Die siebte Kavallerie“ kurzerhand über den Haufen geschossen. Ein Großteil der örtlichen Behörde nimmt dies zum Anschluss, eine generelle Lockerung der Waffengesetze einzufordern, was die Situation zwischen den Ordnungshütern und der siebten Kavallerie weiter zuspitzt.
Die Hauptcharaktere
Einen Großteil der Handlung der ersten Folge lernen wir durch die Augen von Angela Abar kennen, die sich neben ihrem Familienleben die Nächte mit Verbrecherbekämpfung um die Ohren schlägt. Gemeinsam mit ihren Kollegen und dem Vorgesetzten / Polizeichef Judd Crawford versucht sie, ihre Stadt Tulsa zu einem sichereren Ort für alle Bewohner zu machen, schreckt dabei aber auch vor massiver Gewalt nicht zurück. Als die Vorgänge in ihrer Stadt immer mehr zu eskalieren drohen und sie und den Zuschauer an die Ereignisse von vor fast 100 Jahren zu erinnern beginnen macht es sich die ambitionierte Heldin unserer ersten Folge zur Aufgabe, mehr über die terroristische Organisation und deren Hintergründe zu erfahren.
Watchmen Kritik
Eine Watchmen Kritik in wenige Worte zu ist vermutlich eine ähnlich große Herausforderung wie eine Serie zu diesem Stoff zu kreieren, die alle Herzen zufriedenstellt. Zu viel passiert in der ersten Folge, eine zu große Welt wird uns präsentiert und viele Handlungsstränge und Charaktere erschaffen, doch ich werde mein bestes versuchen:
Die Watchmen Serie schafft es eine Welt zu erschaffen und dabei ohne klassische „Erzähler“-Strukturen auszukommen. Wo bei anderen Formaten zu Beginn der Handlung ellenlanger Text über den Bildschirm laufen würde um uns die parallele Realität zu erklären in der die Serie spielt schafft Watchmen dies einzig, indem wir die Welt der Charaktere durch miterleben ihres Alltags sehen dürfen. Wir bekommen eine Welt präsentiert, in der Robert Redford seit 30 Jahren Präsident ist, der Vietnam zur USA gehört und Handys sowie das Internet nicht existieren bzw verboten sind. Eine Welt, in der Polizeigewalt auf ihre ganz eigene Art eskaliert, während es aber selbst für die Ordnungshüter verschärfte Waffengesetze gibt.
Lasst es uns selbst erleben
Charaktere, sowie Details zu deren Beziehungen und Vergangenheit werden so in Zurückhaltung präsentiert, dass sie beim Zuschauer Interesse regen ohne aber zu sehr zu überfordern weil es zu viele Fragen wären. Es wird eine Art Mystery-Element geschaffen, zu dessen Lösung der Zuschauer nach und nach selbst eingeladen wird. Auch der Zeitpunkt der Handlung ist geschickt gewählt. Die Serie präsentiert bislang wenig direkte Themen oder Charaktere, welche Fans aus den Comics oder Film kennen und versteht sich somit nicht als Remake eines vorhandenen Formates sondern gibt uns einen Blick auf die Watchmen Welt lang nach den bekannten Zeiten, wie sie in unserer heutigen Zeit wäre.

Dadurch schafft Damon Lindelof auch noch eine weitere, immens wichtige Sache: Er schafft es, sowohl Fans der Comics als auch komplett neue Zuschauer irgendwo in der Mitte zu treffen und gemeinsam für sein Format abzuholen. Wo sich Fans der Watchmen über Anekdoten wie kleine regnende Tintenfische oder eine Aufnahme des blau leuchtenden Wesens Dr. Manhattan auf dem Mars freuen dürfen, werden diese Themen nicht als zu wichtig in die Serie mit eingearbeitet als das sich ein Neuling komplett verloren fühlen würde. Viel mehr werden diese als Stilmittel einer neuen, anderen Welt genutzt, die der Zuschauer abseits seiner Vorwissens so hinnehmen und damit diese Realität kennen lernen kann.
Fazit
Mit Watchmen könnte Damon Lindelof etwas geschafft haben, was wenige für möglich gehalten haben: Eine Serie liefern, die Neulingen gute Unterhaltung bietet und an die andersartige Realität der Watchmen heranführt, zeitgleich aber Fans der Comics treu bleibt und diesen eine komplett neue Handlung in ihrem geliebten Universum bieten. Der Stil bleibt den Comics treu, ist aber genau die richtige Portion abgehoben, um Zuschauer die die Materie nicht bis ins letzte Details kennen nicht zu verlieren. Dabei bietet er beiden Lagern ein Mystery Element und lädt den Zuschauer ein, dies durch aufmerksame Beobachtung der Charaktere und Ereignisse selbst zu lösen. Für uns gibt es für den Staffel-Auftakt, der einige Fragen aufwirft, viele Lösungen bietet und immense Lust auf mehr macht 4.5 / 5 Sternen.