Horizon: Forbidden West im Test
Fünf Jahre mussten Fans auf die Fortsetzung von Aloys Abenteuer warten. Nun erschien der zweite Teil Horizon: Forbidden West exklusiv für die Playstation 5. In ihrem zweiten Open-World Abenteuer reist Aloy in den namensgebenden verbotenen Westen, genau an die Ruinen Amerikas Westküste, um vor Kulissen wie der Golden Gate Bridge Maschinen zu bekämpfen und eine größere Bedrohung abzuwenden. Ob Horizon: Forbidden West an den Erfolg des ersten Teils anknüpfen kann verraten wir euch in den folgenden Abschnitten.
Horizon: Forbidden West Handlung
Gehen wir noch einmal kurz zurück: Vor fünf Jahren servierte Guerilla Games mit Horizon: Zero Dawn ein überzeugendes Open World Abenteuer in einer neu zivilisierten Welt, das vor allem mit seiner überraschenden und spannend inszenierten Geschichte glänzen konnte. Kurz zusammengefasst: Mitte der 2040er Jahre hat die Menschheit ihre eigene Auslöschung besiegelt, indem sie Maschinen mit der Funktion ausgestattet hatten aus Biomasse Energie zu generieren.
Da auch Menschen den grundsätzlichen Ansprüchen dieser Energiegewinnung entsprechen, schien das Ende nur noch eine Frage der Zeit. Doch im Hintergrund hatte ein Team von Forschern um Elisabeth Sobeck eine KI mit dem Namen GAIA entwickelt, die nach dem Ende der Maschinen die Welt neu formen und wieder bewohnbar machen sollte. In dieser Welt wird Aloy als ein Klon von Sobeck geboren und wird als Aussiedlerin eines Nora-Stammes im Osten des Landes groß.
Im ersten Teil lernt Aloy Sylens (gespielt von Lance Reddick) kennen, der als außergewöhnlicher Ingenieur und Mentor zur Seite steht während sie die Geschichte vom Ende der Menschheit erkundet. Dabei lernt Aloy, dass die KI Gaia aus mehreren Subfunktionen besteht, jedoch die Unterfunktion Apollo und damit die gesamte Wissensdatenbank der Menschheit scheinbar gelöscht wurde.
Die Menschheit lebt dementsprechend in einer Art Modern Tribe System, viele Stämme verehren Personen der alten Welt, häufig auf Basis alter Museenausstellungen oder einfacher Ehrfurcht vor deren scheinbarer Überlegenheit. Außer den Stammesmenschen wird die Welt von verschiedensten Terraforming Maschinen bevölkert, die leider mehr und mehr außer Kontrolle geraten.

Im Laufe des ersten Teils vereitelt Aloy dann die Machenschaften eines Virus namens Hades, welches Sylens auf seiner Suche nach einer Kopie der Apollo Datenbank benutzen wollte. Der DLC Frozen Wilds erweitert die Geschichte von Zero Dawn um ein paar weitere Aspekte der Welt, hat sonst aber wenig Implikationen für die Hauptgeschichte.
Forbidden West knüpft relativ zeitnah an die Ereignisse aus Zero Dawn an. Aloy ist auf der Suche nach Unterfunktionen für Gaia um die Erde weiter zu reparieren. Dabei führt sie ihre Reise von der Hauptstadt Meridian im Osten in den Verbotenen Westen. Das Land wird besiedelt von den Tenakth, die in verschiedene Stämme aufgespalten sind und unter denen sich gerade eine Fehde zwischen aufständigen Rebellen um die Anführerin Regalla auf der einen Seite, und dem Himmelsklan und seinem Führer Hekkaro auf der anderen Seite entwickelt.
Aloy reist fortan von einer zentralen Basis aus durch den Verbotenen Westen auf der Suche nach den verschiedenen Unterfunktionen. Schon bald taucht eine neue Bedrohung in Form der Zeniths auf. Darunter Menschen, die sich auf einen anderen Planeten geflüchtet hatten und nun die Erde zurückerobern wollen. Diese verfügen über deutlich fortgeschrittene Technologie, sodass Aloy verschiedene Workarounds finden muss, um eine Chance gegen den scheinbar übermächtigen Gegner zu erlangen.
Im Vergleich zum Vorgänger wirkt die Geschichte eher seicht und funktional, die großen Überraschungsmomente bleiben leider etwas aus. Zu einem gewissen Grad scheint das allerdings in Ordnung zu sein, schließlich hat Zero Dawn mit seinen vielen Wendungen und Spannungsbögen hier schon gut vorgelegt. Auch überzeugt hat mich wieder einmal die wunderbare Erzählweise und kritischen Beobachtungen menschlichen Verhaltens sowie gesellschaftlicher Strukturen. So muss ich selbst beim zweiten Mal spielen wieder schmunzeln, als sich die Bewohner eines Dorfes zusammenfinden, um die Symphonie „Neustartsequenz“ der regionalen Erntemaschinen zu zelebrieren.
Viele dieser menschlichen Verhaltensweisen fühlen sich zufriedenstellend kauzig und real an und geben Horizon einen sehr nahbaren Bezug. Für viele der beobachteten Verhaltensweisen finden sich auch in der realen Alltäglichkeit zahlreiche Belege für das desaströse Verhalten von Menschen. Diese Bezüge retten für mich die ansonsten aufgesetzte Story und rechtfertigen die investierte Zeit.
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Horizon: Forbidden West Gameplay
Aloy bewegt sich nach wie vor flink kletternd durch die weitläufige Welt des verbotenen Westens. Wir reisen zu Fuß, auf Reitmaschinen und im späteren Verlauf erstmalig auch auf fliegenden Maschinen. Aloy selbst, als auch die Flugmaschinen, lassen sich meist sehr angenehm durch die Welt navigieren.
Die Reitmaschinen dagegen benötigen dringend einen Patch, da sie kaum eine angemessene Geschwindigkeit halten können und stellenweise äußert schwammig reagieren. Das ist besonders auffällig in den Wettrennen, die sich für mich mehr nach Klamauk angefühlt haben anstatt wie eine ernsthafte Nebenmission. Durch einen Knopfdruck auf unseren rechten Joystick aktiviert Aloy kurz ihren Fokus, um augmentierte Informationen über die Umgebung abzurufen: Dabei werden Klettermöglichkeiten gelb hervorgehoben.
Das mag zunächst wie ein Segen klingen, ist aber ein wenig konsequenzlos und führt einem die künstliche Limitierung der Welt vor Augen. Es kommt nicht selten vor, dass keine Klettergelegenheit vorhanden ist, obwohl das Gelände für Aloy mit ihren Fähigkeiten ein Leichtes sein sollte. Das zerstört ein wenig die Immersion und fühlt sich künstlich begrenzt an. Der Grapple Hook teilt ein ähnliches Problem: Grundsätzlich ist ein solcher Hook immer eine coole Idee, weil er unsere Bewegungsmöglichkeiten über das Schlachtfeld deutlich erhöht und flinke Angriffe aus der Luft ermöglicht.

Leider schafft Guerilla Games es nicht den Hook gut in das Spiel zu integrieren. Wir nutzen den Hook hauptsächlich zum Öffnen von Tunneln und Schächten und ziehen uns ab und an an einem Turm hoch. Man fragt sich warum der Hook nicht konsequent eingesetzt wurde? Ein sehr gutes Beispiel liefert hier „Sekiro: Shadows die Twice“ (FromSoftware, 2019), in dem wir uns mit Hook immer wieder zu Bossen hinziehen können, um Schaden auszuteilen.
Warum kann Aloys das nicht; grade mit Hinblick auf die vielen riesigen Maschinen, über die man sich hinweg schwingen könnte, um aus der Luft verdeckt liegende Bauteile zu beschießen? Die Vernachlässigung des Grappling Hook ist umso schmerzhafter, da Guerilla Games diesmal auch einen Gleitschirm eingebaut hat, mit welchem Aloy entspannt aus den Höhen der Wolkenkratzer-Ruinen hinab gleiten kann.
Aloy kämpft auf ihrem Weg zur Rettung der Welt gegen zwei grundsätzliche Gruppen von Gegnern: Menschen und Maschinen. Dabei sind die Maschinenenkämpfe durch die Bank weg spannender als die meisten humanoiden Kämpfe. Aloy kämpft dabei mit ihrem Speer im Nahkampf und verfügt über eine weite Auswahl an Fernkampfwaffen wie verschiedene Bögen (Jäger, Krieger und Präzision), Sprengschleudern, Bolzenschießern sowie explosiven Wurfspeeren.
Die meisten Fernkampfwaffen kommen mit einer Auswahl verschiedener Munition mit physischen Schadensattributen sowie mit elementaren Angriffen. Dabei stehen Säure, Strom, Wasser, Frost, Plasma, Feuer und Klebemasse zur Verfügung. Außerdem kann Aloy Berserk Pfeile verwenden, die Maschinen kurzfristig ihre Freunde angreifen lassen. Im Kampf kann Aloy jederzeit auf sechs Waffen via einem Waffenrad zugreifen und sich somit auf verschiedene Kampfsituationen einstellen.

Horizon: Forbidden West verfügt über ein exzessives Skillsystem mit verschiedenen Kategorien, in denen wir Aloys Fähigkeiten weiterentwickeln können. Darunter beispielsweise einen Skilltree für Aloys Kämpferfähigkeiten mit dem Speer oder ihre Möglichkeiten in der Wildnis überleben. Dabei können wir in jedem Baum weitere Schussmöglichkeiten für unsere Waffen freischalten, die wir mit den Pfeiltasten auswählen können und die eine jeweilige Menge Waffenausdauer verbrauchen. Diese können wir durch bestimmte Aktionen wie Nahkampfangriffe auffüllen. Leider sind viele dieser Skills relativ nutzlos und das Spiel liefert kaum Incentives wenn man von seinem erprobten Kampfstil abweicht.
Die neuen Nahkampfkombos waren für mich noch die beste Neuerung, wenngleich Aloys niedrige Staggertoleranz und die teils ungenauen Hitboxen dafür sorgen, dass einige Nahkampfkombos leider nur selten ihr Ziel treffen. Einige der Skills bieten gute passive Boni und sind dementsprechend nützlich, Guerilla Games hätte sich jedoch einen Großteil dieser Fähigkeiten sparen können und hätte dafür lieber das Gameplay mit den existierenden Waffen und Skills verbessert. Dafür machen die zusätzlichen Waffenfähigkeiten einfach zu wenig strategischen Unterschied zu normalen Angriffen. In hektischen Gefechtssituationen ist es außerdem nicht immer einfach aus dem sowieso schon überfüllten Waffenrad auch noch den richtigen Skill auszuwählen.
Auch ausbaufähig ist das Crafting und Upgrade System in Horizon: Forbidden West. Um ihre Waffen, Outfits und die Kapazität ihrer Beutel zu verbessern, muss Aloy allerlei tierische und mechanische Ressourcen erbeuten. An sich ist ein solches Spielelement ja auch gar nicht verkehrt, da es die Exploration der Spielwelt auf natürliche Weise vorantreiben kann. Leider hat Forbidden West deutlich zu viel Sammelarbeit. Einige meiner Beutel hatte ich bis kurz vor Ende nicht groß erhöht, weil die zu fangenden Fische so verbuggt waren, dass Sie immer wieder kurz vorm Fangen verschwanden. Sowas nervt und zögert die Spielzeit einfach unnötig in die Länge, ohne einen angemessen Gegenwert zu liefern. Die Waffen- und Outfit-Upgrades leiden am gleichen Problem, auch wenn es mir hier etwas wichtiger war die Waffen regelmäßig upzugraden. Da man im Spielverlauf jedoch ständig neuere, seltenere und in der Konsequenz meist auch bessere Waffen findet, scheint es nicht empfehlenswert endlos lange in Waffen aus dem Early- und Midgame zu investieren.
Sind wir mal nicht auf einer Mission, kann Aloy ihre Fähigkeiten außerdem in verschiedenen Jagdgebieten unter Beweis stellen. Hier gilt es meist eine gewisse Anzahl am Maschinen auf eine bestimmte Art und Weise und unter Zeitdruck zu erledigen. Dafür kann Aloy Abzeichen sammeln, die wiederum gegen Waffen- und Outfits eingetauscht werden können. Außerdem hat Forbidden West seine eigene Art „Gwent“ („The Witcher“) in Form des In-game Spiels „Maschinen Streit“. Wir können außerdem alte Gebäude erklettern oder Aussichtspunkte ausrichten, um Informationen über und Geschichten aus der alten Welt zu hören. Diese beschäftigen kurzweilig, sind aber diesmal jedoch deutlich weniger erinnerungswert als im ersten Teil.
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Horizon: Forbidden West Kritik
Ach, wie schön es doch ist: Auf den Schwingen einer Sonnengleiter Maschine fliegt Aloy über dicht begrünte Areale in Richtung der versunkenen Stadt Las Vegas. Das Ganze sieht überwältigend aus. Guerilla Games zaubert einen derartigen Augenschmaus auf den Bildschirm, dass selbst ich mal den Weg zum Fotomodus gefunden habe. Dabei läuft das Ganze meistens butterweich, lediglich bei sehr vielen elementaren Effekten kommt es zu leichten Performance Einbußen.
Außerdem muss ich loswerden, dass ich Aloy als Protagonist nach wie vor wunderbar finde. Die Autoren haben es geschafft ihr im zweiten Teil ein noch etwas reiferes aber nicht weniger idealistisches Wesen zu geben. Gleichzeitig wird sie als sehr nahbare Heldin gezeichnet, obgleich sie in jeder Region des Spiels bereits als Retterin, Streiterin oder Ahnin in irgendeiner Weise verehrt wird. Für mich macht das Aloy nach wie vor zu einer sympathischen Figur und auch viele der Nebencharaktere sind einem über den Verlauf der Reihe ans Herz gewachsen. Auch dass Aloys Familie erweitert wird, empfinde ich als einen positiven Impuls für ihre weitere Charakterentwicklung. Die Hauptgeschichte von Forbidden West teilt damit ein wenig das Schicksal vieler Mittelteile populärer Unterhaltungsprodukte in Triologieform – es ist mehr funktional als wünschenswert und fühlt sich an, als sollte es uns eher auf das große Finale in weiteren fünf Jahren vorbereiten.

Leider ist Horizon: Forbidden West häufig mehr Schein als Sein: Das beginnt bei den unnötigen Restriktionen, was Klettervorgaben angeht sowie eine sehr inkonsequente Integration des Grappling Hook. Fast alle der Missionen sind repetitiv und laufen nach dem gleichen Muster ab: Hingehen, via Spezialsicht die Umgebung erkunden, Spuren folgen, die man auch ohne Hilfe hätte finden können, dann Kampf gegen Maschine oder Mensch, manchmal auch beides, Ende. Dieses Problem hatte Zero Dawn auch schon, allerdings serviert Guerilla Games lieber mehr vom Gleichen als innovative Ideen zu wagen.
Stattdessen schicken uns die Entwickler durch immer gleiche unterirdische Produktionsstätten und von Biotop zu Biotop, um Tiere und Maschinen für Upgrades zu jagen. Dieses verschwendete Potential tut auch der riesigen Open-World nicht gut, da sich einige Bereiche stark abnutzen und kein Incentive bieten, sie erneut zu bereisen. Da es kaum Open-World Events gibt gestaltet sich die Reise (bis auf die ein oder andere getriggerte Maschine) meist relativ uninteressant. Für ein Triple-A Spiel hat Forbidden West außerdem immer noch einige Bugs, insbesondere beim Fischfang und Kampf gegen Maschinen, die unter die Erde ausweichen können. Auch die Hitboxen (besonders großer Maschinen) fühlen sich häufig mehr als ungerecht an. Aloy bleibt außerdem regelmäßig in der Umgebung hängen und ihre Anfälligkeit dafür gestaggert zu werden ist enorm.
Das Interesse an Forbidden West hat unter der Omnipräsenz von „Elden Ring“ (FromSoftware 2022) stark gelitten und gleichzeitig liefert Guerilla Games zwar ein grundsolides Spiel, aber eine Enttäuschung bezüglich jeglicher Innovationen. Mehr vom Altbekannten hilft aber leider nicht und ich hoffe, dass es der nächste Teil schafft sich von den teils altbackenen Gameplayelementen zu trennen. Ein innovatives Upgrade und Waffennutzungssystem sollte ebenso implementiert werden. Es macht einfach keinen Sinn drei Bögen spielen zu müssen, nur um auf alle Elementareventualitäten vorbereitet zu sein. „Elden Ring“ hat hier mit seinen wechselbaren Aschen eine Option aufgezeigt. Ich hoffe, die Entwickler orientieren sich an zeitgemäßerem Gameplay und können mit dem nächsten Spiel wieder überzeugen.
Horizon: Forbidden West Trailer
Fakten und Bewertung
| Release | 18.02.2022 |
| Genre | Action-Rollenspiel, Adventure |
| Studio | Guerrilla Games |
| Publisher | Sony Interactive Entertainment |
| Platform | PlayStation 5, PlayStation 4 |
| Preis | Ab 32,99 € |
